Digitalisierungs-Roadmap: Vom Getriebenen zum Treiber
Die Kombination aus technologischem und nachhaltigem Fortschritt stellt alle Akteure der Energiewirtschaft zunehmend vor Herausforderungen. Inwiefern kann eine Digitalisierungs-Roadmap bei diesen transformativen Prozessen behilflich sein und Verteilnetzbetreiber entlasten?
Spätestens seit dem neu verabschiedeten Klimaschutzgesetz im Juni 2021, das höhere Klimaziele bis 2030 und Treibhausgasneutralität bis 2045 festschreibt, und mit der Veröffentlichung der neuen Langfristszenarien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) steht fest: Die Transformation des Energiesystems wird nochmals beschleunigt. Die erhöhten Ausbauziele für Erneuerbare Energien, der Hochlauf der Elektromobilität und die Transformation des Wärmesektors führen weiterhin zu Herausforderungen für alle Akteure der Energiewirtschaft.
Die Digitalisierung ist dabei Treiber des Wandels und Lösungsoption zugleich – nur mit der Vernetzung und Orchestrierung von Komponenten, Systemen und Akteuren können die neuen Anforderungen erfüllt werden. Es gilt, die Netzinfrastruktur zu transformieren. Aufgrund des Wandels des Nutzerverhaltens und der Versorgungsaufgabe werden in den Stromverteilnetzen die Netzbelastungen weiter ansteigen. Neue Fähigkeiten als Netzbetreiber, zusätzliche Informationen und weiterentwickelte Betriebsmittel sind erforderlich, um weiterhin einen zuverlässigen, sicheren und effizienten Betrieb zu gewährleisten.
Die Forderung nach der Transformation oder Weiterentwicklung der Netzinfrastruktur ist jedoch zunächst relativ abstrakt und auch Schlagworte wie „Digitalisierung“ und „Smart Grid“ schaffen nicht zwangsläufig mehr Klarheit. Aus diesem Grund ist es erforderlich, das Themenfeld geeignet zu systematisieren. Im Rahmen unseres Impulspapiers „Auf dem Weg zum digitalen Verteilnetzbetreiber“ dienen deshalb die beim Netzbetrieb involvierten Akteure, deren Verknüpfungen über gemeinsam genutzte Technik, IT-Systeme und Daten sowie die Organisation, insbesondere bei Prozessen, als Basis für die Diskussion von Handlungs- und Entwicklungsbedarfen (siehe Abb.1).
Abb. 1: Systematisierung des Themenfeldes anhand der Akteure
Ausgehend von diesen Akteuren, der aktuellen Situation beim Netzbetreiber sowie den absehbaren ordnungspolitischen und technischen Entwicklungen wurden anschließend aus Projekterkenntnissen und Best Practices 22 Themenfelder (Spotlights) abgeleitet und skizziert, in denen bereits aktuell oder in den nächsten Jahren ein starker Transformationsdruck entsteht. Viele dieser Spotlights stehen in Wechselwirkung miteinander und ein ganzheitlicher Ansatz – heißt eine übergreifende Betrachtung von Technik, IT-Landschaft, Daten, Prozessen und Know-how – ist erforderlich, um eine zielgerichtete und robuste Digitalisierungsstrategie für den Netzbetreiber abzuleiten.
Dabei ist der aktuelle Entwicklungsstand in der Landschaft der deutschen Verteilnetzbetreiber sehr heterogen und somit sind auch die Transformationsfelder individuell sowie mit unterschiedlicher Dringlichkeit versehen. In Diskussionen mit Projektpartnern und Experten wurden die Spotlights identifiziert, in denen branchenweit der höchste Handlungsdruck gesehen wird (siehe Abb. 2). Entscheidend wird dabei die Verzahnung der Aktivitäten sein, was an folgendem Beispiel sehr deutlich wird: Das Smart Grid der Zukunft beinhaltet neue Betriebskonzepte, die auf der Transparenz des Netzzustands basieren. Die Transparenz kann bspw. mit dem Rollout der intelligenten Messsysteme hergestellt werden, die hierbei entstehenden Daten müssen in geeignete Datenbanken überführt und in der IT-Systemlandschaft sachgerecht (bspw. ohne Dopplungen, Lücken) integriert werden können.
Abb. 2: Spotlights mit dem höchsten Transformationsdruck
Das Impulspapier "D2SO – Auf dem Weg zum digitalen Verteilnetzbetreiber" mit der Beschreibung der 22 Spotlights und weiteren interessanten Fakten zum Stand der Digitalisierung bei den Verteilnetzbetreibern steht allen Interessierten
hier zum Download zur Verfügung.
Das Impulspapier bildet die Basis für die Überprüfung und Weiterentwicklung der eigenen Digitalisierung-Roadmap. Diese ist ein unverzichtbarer Baustein der Gesamtstrategie, um den Kostenanstieg durch Netzausbau zu begrenzen, Stranded Investments in falsche Technologien zu vermeiden, betriebliche Ineffizienzen abzubauen und die Belastung der Mitarbeiter zu reduzieren.