Virtual und Augmented Reality in der elektrischen Energieversorgung
Im Beitrag erfahren Sie mehr über das innovative Virtuelle Energiesystem (VES), das durch immersive Lernmethoden und ein benutzerfreundliches Low-Code-Framework neue Maßstäbe in der Aus- und Weiterbildung der Energieversorgung setzt.

Im Forschungsprojekt „Virtual und Augmented Reality in der elektrischen Energieversorgung“ (VARele) wurde ein vereinfachtes Virtuelles Energiesystem (VES) entwickelt, das als immersive Bildungslösung neue Maßstäbe für die Aus- und Weiterbildung setzt. Das VES ermöglicht interaktive, praxisnahe Lernerfahrungen, die reale Situationen simulieren – auch solche, die im echten Leben gefährlich, unmöglich oder teuer wären. Das Projekt, welches im August 2023 startete, wird über den Zeitraum von drei Jahren vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert und läuft noch bis 2026.
Kernstück: Low-Code-Authoring-Framework für individuelle Trainings
Das Herzstück des VES ist ein benutzerfreundliches Low-Code-Framework, mit dem Ausbilder ohne technische Vorkenntnisse eigene virtuelle Schulungsinhalte erstellen können. Durch visuelles Skripting und Verhaltensgraphen wird die Gestaltung virtueller Welten stark vereinfacht – so entstehen maßgeschneiderte Lernmodule genau nach den Bedürfnissen der Anwendenden.

Praxisnahe Entwicklung in Kooperation mit Netzbetreibern
Zusammen mit vier Verteilnetzbetreibern (MVV Netze GmbH, Netze BW GmbH, NEW Netz GmbH und Pfalzwerke Netz AG) wurde eine Bedarfsanalyse durchgeführt, um typische Fehlerquellen und betriebliche Anwendungsfälle zu identifizieren. Dabei standen besonders Situationen im Fokus, die für klassische Trainings ungeeignet sind. Sieben zentrale Anwendungsfälle aus den Bereichen Visuelle Inspektion, Fehlerbehandlung und Krisenmanagement wurden ausgewählt.
Auf Grundlage aktueller europäischer Vorgaben zum SF₆-Einsatz sowie einer Analyse verschiedener Mittelspannungsschaltanlagen wurden zehn unterschiedliche Anlagenmodelle ins VES integriert – von SF₆-freien bis luftisolierten Systemen.
Didaktische und technische Highlights
Das VES wurde so konzipiert, dass es flexibel und effizient in Aus- und Weiterbildung integriert werden kann:
- orts- und zeitunabhängig: Lernen jederzeit und von überall möglich.
- selbstbestimmt: Inhalte können ohne Anleitung eigenständig erarbeitet werden.
- multimodal: VR-Headset oder konventionelle 3D-Anwendung nutzbar.
Zwei Lernmodi für optimale Lernerfolge
Um den Einstieg in das Lernen mit immersiven Medien zu ermöglichen, erhalten die Lernenden im Modus des „Geführten Lernens“ auditive und visuelle Anweisungen sowie weitere Hilfestellungen. Die Lerninhalte sind so gestaltet, dass lineare Lernpfade genutzt werden, welche beispielsweise das Scheitern einzelner Aufgaben verhindern und somit zusätzliche Unterstützung bieten.
Der Lernmodus „Freies Lernen“ kommt ohne die zuvor verwendeten Hilfselemente aus. Die Lerninhalte basieren auf einem definierten Startpunkt und einem oder mehreren möglichen Endpunkten, wobei der Weg dorthin nicht fest vorgegeben ist. Dadurch ist das Lernziel klar definiert, während die Lernenden gleichzeitig die Freiheit haben, eigenständig und in ihrem eigenen Tempo innerhalb der virtuellen Umgebung zu agieren und auch Fehler zu machen. Abhängig von der Schwere der Fehler kann dies entweder zum Abbruch und Neustart der Lerneinheit führen oder die Erfolgsquote verringern. Fehler, die in der Realität eine Gefahr darstellen würden – wie beispielsweise eine Schalthandlung ohne vorheriges Freischalten – führen in der Regel immer zum Abbruch des Moduls.
Begleitende Evaluation und erste Module
Parallel zur Entwicklung des VES entstehen verschiedene Prototyp-Module, die sowohl inhaltlich als auch methodisch geprüft werden. Der erste Prototyp umfasst ein VR-Onboarding-Tutorial sowie das Modul „Die fünf Sicherheitsregeln“.
Mit dem Virtuellen Energiesystem wird die Aus- und Weiterbildung in der Energieversorgung zukunftsfähig, sicher und effizient gestaltet – ein großer Schritt hin zu praxisnahen, immersiven Lernwelten.
Für weitere Informationen und Schulungsangebote wenden Sie sich bitte an das Projektteam VARele.