Trends vorgestellt: Urbanisierung und Urban Farming

Der anhaltend hohe Bevölkerungszuwachs stellt die Stadtentwicklung vor herausfordernde Aufgaben. Vielversprechende Möglichkeiten sowie Potenziale, dem entgegenzuwirken, schlummern in der Quartiersentwicklung und dem Urban Farming.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Smart City und Mobilität
Themen:
Trend Quartiersmanagement Stadtwerke Innovationen
Trends vorgestellt: Urbanisierung und Urban Farming

Aktuelle Einflüsse auf Städte und Ballungsräume

Schon heute haben Städte mit den Folgen der Klimaerwärmung zu kämpfen. Die durchschnittliche Zahl der Hitzetage ab 30°C hat sich mit elf Tagen pro Jahr (Zeitraum: 2011-2020) seit 1900 mehr als verdoppelt. Bis 1990 waren es jährlich noch im Schnitt 4,5 Hitzetage.1 Ressourcenknappheit in Bezug auf Flächen macht sich durch angespannte Wohnungsmärkte bemerkbar. Von 2010-2020 sind die Mietpreise in deutschen Großstädten, wie Berlin (+112%) und München (+68%), stark gestiegen.2 Seitdem sich die Corona- und Gaskrise überschlagen, steht die Versorgung mit Energie und Verbrauchsgütern vor neuen Herausforderungen. In Sachsen beispielsweise stiegen die Preise im Vergleich zum Vorjahr für Haushaltsenergie und Kraftstoffe um 36% und für Nahrungsmittel um 11,5% (Stand: April 2022).

Wie können Städte mit diesen Herausforderungen umgehen und wie kann zukünftig nachhaltiger und gleichzeitig hochwertiger Lebensraum in Städten geschaffen werden?

Chancen für Stadtwerke als Quartiersentwickler

In Stadtquartieren können Optimierungs- und Synergiepotenziale im Kleinen für die gesamte Stadt identifiziert werden. Stadtwerke sind aktive Treiber der Energiewende und werden zukünftig vermehrt eine Innovatorenrolle einnehmen. Durch ihre regionale Verbundenheit sind sie nah an den Kundinnen und Kunden und können viele Dienstleistungen „aus einer Hand“ anbieten. Diesen Vorteil können sie gegenüber anderen Unternehmen in der Quartiersentwicklung als neues gesamtheitliches Geschäftsfeld nutzen, z. B. im Bereich Mobilität, Breitbandausbau, Energieversorgung und Abfallwirtschaft.

Zahlreiche Projekte werden bereits erfolgreich umgesetzt. Die jenawohnen GmbH lässt z. B. im smarten Quartier Jena-Lobeda 270 Wohnungen sanieren. Besonderheiten des Quartiers sind verschiedene Smart-Home-Anwendungen, Mobilitätsangebote, Gesundheitsdienstleistungen und ein Quartiersmanager sowie Kommunikationsmöglichkeiten über eine Quartiersplattform.

Bepflanzte Außenfassade eins Hochhauses.

Auch die EnBW möchte in Zukunft nicht mehr einzelne Energiedienstleistungen anbieten sondern als ganzheitlicher Quartiersentwickler fungieren. So entsteht auf dem ehemaligen Stuttgarter Betriebsgelände das nachhaltige Quartier „Der neue Stöckach“ mit 800 Wohnungen. Dort soll das vorhandende Know-how im Bereich Energie und Mobilität gebündelt werden. Neben PV-Anlagen für die Stromerzeugung ist außerdem ein Eisspeicher als Wärme- und Kältequelle vorgesehen, der die Synergien aus Wärme- und Kälteversorgung nutzt. Ladestationen für E-Autos und Sharing-Angebote erweitern das Angebot des ÖPNV.

Im Modellprojekt „Zukunftsviertel Unterbilk | Friedrichstadt“ testen die Stadtwerke Düsseldorf Ideen und Maßnahmen, die Düsseldorf dabei helfen, bis 2035 klimaneutral zu werden. Der E-Roller „eddy“ ist nur eines von vielen Mobilitätsangeboten, das die verkehrsinduzierten Emissionen senken und die Mobilität optimieren soll.

Als zukünftiger Quartiersentwickler kann das Stadtwerk somit vielfältige Rollen einnehmen: Bauherr, Vermieter, Berater, Ansprechpartner vor Ort, Mobilitätsanbieter und Energieversorger. Kommt als nächstes die Versorgung mit Nahrungsmitteln durch Urban Farming?

Was steckt hinter Urban Farming?

Nachdem die Anbauflächen für Gemüse und andere Nahrungsmittel im 19. Jahrhundert aus dem städtischen Raum verschwanden, kehren sie heute in etwas anderer Form wieder zurück. Beim Urban Farming wird in städtischen Räumen Lebensmittelanbau und Tierhaltung betrieben. Genutzt werden dafür Dach- und Brachflächen, teilweise sogar Innenräume. Als Vertical Farming wird die Art des Urban Farmings bezeichnet, bei der Pflanzen senkrecht übereinander, z. B. an Fassaden oder auf speziellen Pflanzregalen, angeordnet werden. Die Grenze von Urban Farming zum Urban Gardening ist fließend: Während Urban Gardening vornehmlich dem Eigenbedarf dient, sollen Erzeugnisse aus Urban Farming an größere Menschengruppen vermarktet werden.3

Vorteile des Urban Farmings sind die verkürzten Transportwege, wodurch Ressourcen gespart werden, was sich wiederum positiv auf die CO2-Bilanz und den Klimawandel auswirkt. Urban Farming kann ferner dazu beitragen, dass Menschen in Städten besseren Zugang zu frischen, biologisch angebauten Lebensmitteln erhalten. Gerade in Krisenzeiten, wo Transportkosten steigen und globale Produktions- und Lieferketten empfindlich sind, gilt es, die Selbstversorgung von Städten zu stärken. Vertical Farming ist zudem platzsparend, da dieselbe Grundfläche ein vielfaches an Ertrag im Vergleich zu herkömmlichen Anbaumethoden bietet. Bereits kleine Urban Garden können das Mikroklima in Städten verbessern und einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten. Speziell beim Vertical Farming in Innenräumen wird durch die geschlossenen Kreisläufe sehr wenig Wasserzufuhr benötigt und auch der Einsatz von Pestiziden ist überflüssig. Nachteilig beim Vertical Farming ist jedoch der hohe Energieverbrauch, um Wasserpumpen und Lampen zu betreiben. Vertical Farming in Innenräumen ist stark stromabhängig und erfordert hohe Investitionskosten.

Hände einer Person beim Bepflanzen

Urban Farming in der Praxis

Weltweit gibt es bereits viele ambitionierte Urban-Farming-Projekte, das größte ist derzeit in Paris geplant: 14.000 m² auf dem Dach der Pariser Expo Porte de Versailles sollen künftig mit Obst und Gemüse bepflanzt werden. Aber auch erste deutsche Stadtwerke nähern sich dem Thema Urban Farming. In Zusammenarbeit mit der Maria-Ward-Realschule haben die Stadtwerke Augsburg ein Urban-Gardening-Projekt initiiert. Insgesamt fünf Hochbeete haben die Schülerinnen und Schüler aufgebaut und mit bienenfreundlichen Blumen, Obst- und Gemüsepflanzen bestückt.4

Die STAWAG finanzierte die Pilotanlage eines Aquaponiksystems des neugegründeten Vereins aachen.eden e. V. Dieser entwickelt in Zusammenarbeit mit der STAWAG innovative Konzepte, mit welchen zukünftig frisches Gemüse und Fisch aus der Aachener Innenstadt angeboten werden soll. Diese Symbiose aus Fischen und Pflanzen wird beim Aquaponik-Konzept genutzt. Die Fischausscheidungen werden in dem geschlossenen System verarbeitet und als Nährstoffe für die Pflanzen verwendet.5

Insgesamt wird deutlich, dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, nachhaltige Lebensräume in Städten zu gestalten, um Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Ressourcenknappheit sowie Preissteigerungen entgegenzuwirken. Urban Farming stellt dabei einen Lösungsansatz dar, der zum großen Ganzen beitragen kann.

 

Quellen:

1 https://www.gdv.de/de/medien/aktuell/ueberdurchschnittliche-hitze-in-deutschland-bereits-12-tage-mit-ueber-30-grad-in-diesem-jahr-70978

2 https://de.statista.com/infografik/25613/entwicklung-der-mietpreise-fuer-wohnungen-in-deutschen-staedten/

3 https://www.weltverbesserer.de/urban-farming-so-waechst-unsere-nahrung-der-zukunft-13803/

4 https://www.sw-augsburg.de/magazin/detail/urban-gardening-bluetenmeer-am-stephinger-berg/

5 https://www.stawag.de/ueber-uns/presse/aktuelles/pressemeldungen/urbane-landwirtschaft-fuer-ein-nachhaltiges-aachen/