Flurfunk Zukunft: Gemeinwohlorientierung – Verantwortung sichtbar gestalten

Der EFL-Trendradar ist das Strategie- und Wissenstool der Energieforen Leipzig – ein Kompass für die Zukunft der Energiewirtschaft. Er zeigt auf, welche Entwicklungen heute die Trends von morgen sind und wie Energieunternehmen daraus konkrete Strategien ableiten können. Insgesamt vereint der Trendradar 56 Subtrends, die sich auf 11 Megatrends verteilen – von Digitalisierung und neuen Arbeitswelten bis hin zu Nachhaltigkeit und Ökologie. Jeder Subtrend liefert wertvolle Impulse, um Chancen frühzeitig zu erkennen, Innovationen gezielt zu gestalten und die eigene Unternehmensstrategie zukunftsfest auszurichten. Einer dieser Subtrends ist die Gemeinwohlorientierung – ein Thema, das weit über klassische Nachhaltigkeit hinausgeht und zur strategischen Leitlinie für Verantwortung, Vertrauen und Wachstum wird.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Erzeugung und Infrastruktur
Themen:
Trend Strategie Organisationsmanagement
Flurfunk Zukunft: Gemeinwohlorientierung – Verantwortung sichtbar gestalten

Vom Zweckbetrieb zur sinnstiftenden Organisation

Gemeinwohlorientierung bedeutet, unternehmerisches Handeln so auszurichten, dass es nicht nur wirtschaftlich erfolgreich ist, sondern zugleich gesellschaftliche Interessen und Bedürfnisse berücksichtigt. Im wertpsychologischen Ansatz nach Meynhardt (Uni St. Gallen und HHL Leipzig) wird der sogenannte Public Value daran gemessen, inwieweit Organisationen positiv auf fundamentale menschliche Bedürfnisse wirken. Erst wenn wirtschaftliche Aktivitäten auf mehreren dieser Dimensionen einzahlen, entsteht echter Gemeinwohlbeitrag.

Für Stadtwerke und Energieversorger heißt das: Sie gestalten nicht nur Netze, sondern auch Lebensqualität und gesellschaftliche Teilhabe. Ob durch faire und transparente Preisgestaltung, solidarische Tarife, soziale Energieberatung oder nachhaltige Investitionen in die Region – Gemeinwohlorientierung schafft Vertrauen, Akzeptanz und Sinn.

Warum das Thema jetzt so wichtig ist

Laut dem GemeinwohlAtlas Deutschland (2019) möchten 72 % der Menschen lieber in einer Organisation arbeiten, die das Gemeinwohl hochhält – selbst, wenn sie dafür weniger verdienen (GemeinwohlAtlas: Gemeinwohl und ich | Interessante Ergebnisse des GemeinwohlAtlas. Bedeutung des Gemeinwohlbeitrags von deutschen Organisationen und Unternehmen für den Einzelnen. | GemeinwohlAtlas DE). Gemeinwohlorientierte Unternehmen gewinnen also nicht nur an gesellschaftlichem Ansehen, sondern auch an Arbeitgeberattraktivität und Kundenbindung. Eine Portfolioanalyse zeigt: Je höher die Gemeinwohlorientierung, desto höher langfristig die Unternehmensbewertung (Bilolo, C., Berndt, T., & Meynhardt, T. (2015). Investing in Legitimacy: A Performance Analysis of Public Value Stock Portfolios.)

In einer Zeit, in der Energieversorger sich zunehmend legitimieren müssen, wird Gemeinwohlorientierung so zur strategischen Zielgröße – messbar, sichtbar und dialogorientiert. Oder, wie es ein öffentliches Bad nach seiner Zertifizierung treffend formuliert:

„Mit dem Projekt wurde uns einmal mehr bewusst, dass die Bäder gerade in herausfordernden Zeiten zum Gemeinwohl beitragen, weil wir Gesundheit, soziale Integration, Bildung, ein gutes Miteinander und die lokale Wirtschaft unterstützen.“ (Vital Park Eichsfeld-Therme)


Gemeinwohlorientierung messen und zertifizieren

Wie lässt sich dieser Anspruch konkret umsetzen? Als erstes muss festgestellt werden, wie der Energieversorger in seinem gesellschaftlichen Umfeld wirkt und worin in diesem Kontext sein spezifischer Wertbeitrag besteht. Erst mit dem neuen bedürfnispsychologische Public Value Ansatz ist es möglich, die intangiblen vielfätigen und oft schwer messbaren Wertbeiträge einer Organisation für die Gesellschaft ganzheitlich zu analysieren und in einem unternehmensspezifischen Go-Profil festzuhalten. Dabei können Potenziale und Risiken in der gesellschaftlichen Wirkung sichtbar gemacht und wertvolle Erkenntnisse für die strategische Ausrichtung und wirksame Maßnahmen eines Unternehmens gewonnen werden.

Als nächstes gilt es dann natürlich, die ermittelten Wertbeiträge sinnvoll und effizient in das Unternehmen auf allen Ebenen zu integrieren und in eine wirksame Umsetzung zu bringen.
 

Ganz praktisch: mit der Go-Zertifizierung die Gemeinwohlorientierung sichtbar machen

Mit dem Go-Zertifikat des Forum Gemeinwohl e. V., das aktuell gemeinsam mit den Energieforen Leipzig erprobt und weiterentwickelt wird, können sich Energieversorger wissenschaftlich fundiert und unabhängig nachweisen lassen, dass sie im Prozess gemeinwohlorientiert agieren.

In einem mehrstufigen Verfahren wird analysiert, wie stark ein Unternehmen heute schon auf das Gemeinwohl wirkt und wie gut es ihm bereits gelingt, diese Perspektive in den Unternehmensprozessen abzubilden. Dazu wird ganz gezielt das gesellschaftliche Umfeld mit eingebunden – in Interviews, Workshops und einem umfassenden Werteprofil.

Das Ziel: eine langfristige, nachhaltige Entwicklung, die alle zwei Jahre überprüft wird. Damit wird Gemeinwohlorientierung nicht als einmalige Auszeichnung verstanden, sondern als kontinuierlicher Veränderungsprozess, getragen von Management und Mitarbeitenden gleichermaßen.

„Das Pilotprojekt hat unseren Fokus auf das Gemeinwohl und die damit verbundene Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger nochmal geschärft. Die gemeinsam formulierten Gemeinwohlbeiträge werden wir in unserem Markenleitbild fest verankern.“ (Stadtwerke Jena Gruppe)
 

Blick in die Zukunft: Go-Next

Gemeinsam mit dem Forum Gemeinwohl e.V. bauen wir ein Programm auf, das Unternehmen weitere Ressourcen bereitstellt, um ihre gesellschaftliche Wirksamkeit aktiv und effektiv zu gestalten. Ab 2026 bieten wir ein ergänzendes Bildungs- und Beratungsangebot an, das sich an Fach- und Führungskräfte richtet, die bereit sind, das nächste Level der Gemeinwohlorientierung in ihrem Unternehmen zu erreichen und das Thema strategisch in ihren Unternehmen verankern wollen – mit Schulungen, wissenschaftlichen Studien und praxisnaher Begleitung. So wird das Konzept vom Zertifikat in die Breite getragen und langfristig im Sektor etabliert.

Fazit

Gemeinwohlorientierung ist kein „Nice-to-have“, sondern ein klarer Wettbewerbsfaktor – gerade für Energieversorger und Netzbetreiber. Sie steigert gesellschaftliche Legitimation, Arbeitgeberattraktivität und Kundentreue. Der EFL-Trendradar zeigt: Zukunftsorientierte Energieunternehmen, die Verantwortung sichtbar machen, schaffen nicht nur Energieversorgung, sondern auch Vertrauen, Sinn und Zusammenhalt. Sie finden Lösungen, die nicht nur ihrem eigenen Interesse dienen, sondern auch tief und positiv in die Gesellschaft wirken. Damit stärken sie die Zukunft unserer Gesellschaft.