Status quo und Chancen des Forderungsmanagements

Wie hat sich die Corona-Pandemie auf Ihr Forderungsmanagement ausgewirkt? Wie sind Sie mit vermehrten Stundungen umgegangen? Mit einer Befragung evaluierten die Energieforen Leipzig GmbH und die Lowell Financial Services GmbH auch in diesem Jahr die Herausforderungen auf das Forderungsmanagement.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Finanzen und Controlling
Themen:
Finanzen Controlling Insolvenzrecht
Status quo und Chancen des Forderungsmanagements

Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020 führte auch in Deutschland zu zahlreichen Beschränkungen des öffentlichen Lebens und der persönlichen Freiheitsrechte der Bürger. Darunter fielen auch konkrete Berufsverbote für diverse Branchen wie das Hotelgewerbe und die Gastronomie. Um die mit den Berufsverboten einhergehenden finanziellen Verluste der Unternehmen sowie der Arbeitnehmer abzumildern, verabschiedete die Bundesregierung neben zahlreichen Hilfspaketen am 25. März 2020 das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafrechtsverfahren. Das weitläufig auch als Zahlungsmoratorium bekannte Gesetz gewährte Kunden von Energielieferverträgen das Recht, Zahlungen für ihre Strom- beziehungsweise Gasabnahme bis zum 30. Juni 2020 auszusetzen, insofern die Zahlungsschwierigkeiten auf die Folgen der Pandemie zurückzuführen sind. Folglich wurde ein Anstieg des Forderungsbestandes bei Energieversorgern befürchtet. Des Weiteren setzte das Gesetz die Insolvenzantragspflicht vorübergehend aus und beschränkte die Möglichkeiten der Insolvenzanfechtung bis zum 30. April 2021. Besonders durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht erhöhte sich das Risiko auf nicht zahlungsfähige Kunden im Portfolio der Energielieferanten und damit einhergehend das Liquiditätsrisiko bei den Versorgern. Weitere Befürchtungen bezüglich der Krisensituation waren prozessuale und technische Schwierigkeiten aufgrund erhöhter Aufwände im Forderungsmanagement und Kundenservice.

Mann tippt Zahlen in einen Taschenrechner

Zur Evaluierung der Auswirkungen der Pandemie auf die Versorger wurden zahlreiche Branchengespräche geführt und aufbereitet. Im Wesentlichen wurden diese vier Fragestellungen erörtert:

  • Wie stark wirkte sich die Corona-Krise bei Energieversorgern aus?
  • Führte die Pandemie zu Mehraufwänden im Forderungsmanagement?
  • Haben sich die Kommunikationsmedien in der Pandemie geändert?
  • Was sind die derzeit größten Herausforderungen?

Auswirkungen der Corona-Krise bei Energieversorgern

Zu Beginn der Pandemie war noch niemand in der Lage, das vollständige Ausmaß des Zahlungsmoratoriums, geschweige denn der Corona-Krise, zu beurteilen. Die Mehrheit der Unternehmen ging von eher geringen Nachteilen aus.

Die Zahl der Stundungen hat sich seit der COVID-19-Pandemie nur unwesentlich erhöht. Die Befürchtung, dass sich die Zahl der in finanzielle Notlagen geratenen Kunden im Verlauf der Krise noch erhöhen könnte, hat sich nicht bewahrheitet. Weiterhin haben sich Stundungen aufgrund der Pandemie in nur sehr geringem Maße erhöht.

Die Frage nach dem erwarteten Forderungsausfall wird von den Experten sehr unterschiedlich beantwortet. Sowohl 2020 als auch 2021 reichen die Antworten von gar keiner Erhöhung bis hin zur Verdreifachung der Forderungen. Die größte Herausforderung aus dem Jahr 2020 bzgl. der Unsicherheit über die Dauer des Zahlungsmoratoriums ist mit dessen Auslaufen inzwischen bewältigt. Während des Moratoriums wurden sämtliche Prozesse in den Unternehmen angepasst. Interessanterweise sind alle befragten Unternehmen nach Auslauf des Zahlungsmoratoriums und nach Beendigung der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht wieder zu ihren altbewähren Strukturen zurückgekehrt, sodass sich keine signifikant pandemiebedingten Veränderungen in den unternehmensinternen Prozessen ergeben haben. Verdeutlicht wird das Argument auch in Bezug auf die Anpassungen des Mahnprozesses. 2020 wurden von den befragten Unternehmen nur wenige  Änderungen am Mahnprozess vorgenommen. Mittlerweile läuft der Prozess wieder standardmäßig. Zukünftige Anpassungen werden nicht pandemiebedingt sondern auf die Änderung der Strom- und GasGVV-Novelle zurückzuführen sein.

Mehraufwände im Forderungsmanagement

Sowohl zu Beginn der Pandemie als auch nach deren Ende ist davon auszugehen, dass aufgrund der vermehrten Kundenanfragen sowie des Anstiegs säumiger Kunden das Forderungsmanagement erhöhtem Aufwand ausgesetzt ist. Während 2020 der Fokus der Mehraufwände vor allem auf dem Nachholen von ausgesetzten Sperrungen und Zählerablesungen lag, sind die Mehraufwände 2021 auf die intensivere Bonitätsprüfung und die Insolvenzverfahren zurückzuführen. Bei Betrachtung der Aufwände wird deutlich, dass mit Beginn der Pandemie ein genereller Anstieg des Aufwands im Forderungsmanagement zu erkennen ist, der aktuell noch anhält. 

Mann hält ein Handy in der Hand und schaut auf einen Bildschirm mit Diagrammen

Kommunikation mit den Kunden

Hinsichtlich der Fragestellung, in welcher Form der Kontakt zum Kunden gesucht werden sollte, haben die Experten in der Befragung aus dem Jahr 2020 die Einrichtung einer Krisenkommunikation sowie die aktive Suche nach Kontaktmöglichkeiten zu besonders gefährdeten Kundengruppen empfohlen. Offensichtlich bewährte sich dies, denn beispielsweise herrscht nun ein besserer Kontakt zu den Kunden, was wiederum dementsprechend die Chance bietet, diese an das Unternehmen zu binden. Des Weiteren wurden die Kunden wertgeschätzt sowie die Kommunikation mit ihnen verbessert. Zu Beginn der Pandemie wurden insbesondere die Kommunikationsmittel auf den Prüfstand gestellt. Aktuell findet die Kundenkommunikation größtenteils weiterhin über das Telefon bzw. den E-Mail-Verkehr statt.

Derzeitige Herausforderungen

Nachdem in der Befragung im Jahr 2020 bereits zahlreiche Herausforderungen aber auch Chancen identifiziert wurden, bringt die Gegenwart ebenfalls neue Hürden mit sich. Auch, wenn sich der Stellenwert des Forderungsmanagements in den Häusern erhöht hat und die Mitarbeiter größere Wertschätzung für ihren Aufgabenbereich erfahren, bleibt es nach wie vor herausfordernd, dieses immer wieder anzupassen. Beispielsweise trifft die Hälfte der befragten Unternehmen bereits Vorkehrungen, um auf mögliche Insolvenzen vorbereitet zu sein. Aktuell ist das Forderungsmanagement mit der Umsetzung der neuen ENWG-Novelle sowie der Neufassung der Strom- und GasGVV beschäftigt. 

Zusammenfassend wird deutlich, dass die ursprünglich befürchteten Stundungen bis dato sehr gering ausgefallen sind. Die Energieversorger spürten und spüren einen Mehraufwand im Forderungsmanagement, können diesen aber weitestgehend durch altbewährte, funktionierende Prozesse abfangen. Daraus lässt sich ableiten, dass das Forderungsmanagement der befragten Unternehmen gut aufgestellt sowie in kürzester Zeit anpassungsfähig ist.

Die größte weiterhin bestehende Herausforderung bzw. Unsicherheit ist die erwartete aber bisher noch ausgebliebene Insolvenzwelle. Auch hier sind sich die Experten einig die Insolvenzen werden 2022 zunehmen. Es bleibt also abzuwarten, wann diese prognostizierte Insolvenzwelle eintreten und wie hoch sie tatsächlich ausfallen wird.

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