Wie entwickelt sich Digitalisierung zur Business-DNA?

Dr. Dorothee Ritz, Geschäftsführerin für Produktlösungen und Digitales bei E.ON Energie Deutschland GmbH, spricht mit uns über die digitale Transformation in der Energiewirtschaft und deren Bedeutung für Energiewende, Mitarbeitende sowie Kundinnen und Kunden.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Strategie und Innovation
Themen:
Digitalisierung Produktmanagement Produktentwicklung
Wie entwickelt sich Digitalisierung zur Business-DNA?

Dr. Dorothee Ritz ist seit Juli 2021 als Geschäftsführerin für das Ressort Solution to Retail der E.ON Energie Deutschland GmbH verantwortlich. Begonnen hat sie ihre Karriere nach einem Master in European Community Law und einem Doktortitel der Rechtswissenschaften mit Schwerpunkt Online-Recht. Acht Jahre lang war sie in der Geschäftsleitung bei Microsoft Deutschland tätig. 2015 übernahm sie die Rolle der General Managerin von Microsoft Österreich. Dort trieb sie unter anderem die Implementierung einer Strategie für die „mobile first, cloud first“-Welt sowie Lösungen für die Herausforderungen der digitalen Transformation voran.
Dorothee Ritz ist verheiratet, Mutter zweier Kinder und engagiert sich neben ihrer beruflichen Tätigkeit seit über 20 Jahren im Vorstand der gemeinnützigen Kinderhilfsorganisation Plan International Deutschland.

Wir haben Dorothee Ritz zum Interview getroffen und ihr vier Fragen rund um das Thema Digitalisierung gestellt.

Energieforen: Bei E.ON verantworten Sie den Bereich Produktlösungen und kommen dadurch mit einer sehr breiten Palette an Aspekten der digitalen Transformation in der Energiewirtschaft in Berührung. Welche Faktoren werden für die Branche aus Ihrer Sicht in den nächsten Jahren die wichtigsten sein und warum?

Dorothee Ritz: Unseren Kundinnen und Kunden können wir durch die digitale Transformation ganz neue Möglichkeiten anbieten, beispielsweise im Bereich der energetischen Selbstoptimierung. Smarte Stromzähler, vernetzte Geräte und Monitoring-Apps sorgen für Transparenz beim Energieverbrauch und helfen, diesen zu optimieren. Allgemein entstehen durch den Aufbau von mehr datengetriebenen Prozessen und künstlicher Intelligenz ganz neue kundenzentrierte Produktlösungen, beispielsweise durch über den Tag verteiltes Energiemanagement: Kundinnen und Kunden bekommen Anreize, zu einer bestimmten Tageszeit günstigeren Strom zu beziehen und sorgen so auch gleichzeitig für die Stabilität unserer Netze. In jedem Geschäftsfeld lassen sich durch die digitale Transformation Prozesse optimieren und die Produkte sowie Dienstleistungen für unsere Kundinnen und Kunden verbessern. Immer mitgedacht werden muss natürlich die Cyber-Sicherheit, sowohl auf Kunden- als auch auf Unternehmensseite. Daten sind ein wertvoller Schatz und die Währung des digitalen Zeitalters. Umso wichtiger ist es, mit diesen verantwortungsvoll und datenschutzkonform umzugehen.

Energieforen: Was sind bei E.ON die zentralen Treiber des Wandels zu einer neuen, digitaleren Arbeitskultur und mit welchen Schritten setzen Sie diese im Unternehmen um bzw. wollen jene noch realisieren?

Dorothee Ritz: Natürlich war die COVID-19-Pandemie ein Beschleuniger der digitalen Arbeitskultur, aber tiefer geht die Ambition, unseren Mitarbeitenden ein moderner Arbeitgeber zu sein, mit flexiblen Arbeitsmodellen, zeitgemäßer Ausstattung und einer zukunftsgerechten, offenen Kultur. Zudem ermöglicht die digitale Arbeitskultur oftmals auch mehr Effizienz, sei es durch die Digitalisierung von Meetings und Prozessen oder durch die Adaption von Arbeitsweisen aus der Softwareentwicklung, wie beispielsweise Scrum.
Wo immer es Arbeitsprozesse erlaubt haben, konnten unsere Mitarbeitenden in der Corona-Pandemie aus dem Homeoffice arbeiten und nun ist das hybride Arbeiten Teil unseres new normal und wird durchweg gelebt, über alle Abteilungen sowie Hierarchielevel hinweg. Die Mitarbeitenden bei einer so großen Veränderung in der Arbeitskultur zu begleiten ist enorm wichtig – wir haben alle Kolleginnen und Kollegen nicht nur mit der richtigen Hardware ausgestattet, sondern auch Schulungen zur digitalen Arbeitsweise angeboten und aktiv den Kulturwandel unterstützt – durch Kalenderblocker, die Freiräume für das Weiterbilden oder bewusstes offline gehen, ermöglichen.
Unsere Büroräume haben sich ebenfalls verändert, hin zu offenen Arbeitsstätten für kollaboratives und agiles Arbeiten. Die Konferenzräume wurden für hybride Meetings optimiert und durch all diese Maßnahmen können unsere Mitarbeitenden flexibel den für ihren Arbeitstag am besten geeigneten Ort wählen.

Energieforen: Vor allem, wenn wir an die Begriffe Smart Home und Smart City denken, wird bei vielen Menschen inzwischen große Hoffnung geweckt, um mit einer digital vernetzten Umwelt auch nachhaltiger zu werden. Gleichzeitig bestehen noch viele Fragezeichen, wie man diesen Weg als Privatkunde erfolgreich einschlagen kann. Welche Voraussetzungen muss ein Versorger heute schaffen, damit wir als Endverbrauchende richtig durchstarten können ins „Zuhause 4.0“?

Dorothee Ritz: So wie unsere Mitarbeitenden wollen wir auch unsere Kundinnen und Kunden technisch befähigen. Wie eingangs erwähnt, ist ein Ziel, dass jede/r in Eigeninitiative den Energieverbrauch optimieren kann. Das geht über Analysen und Auswertungen hin zu Empfehlungen. Wir wollen die entsprechenden Informationen und Daten für die Kundschaft einfach verständlich, nutzbar und erlebbar machen. Aber nicht nur das, wir verfolgen auch den Anspruch, unseren Kundinnen und Kunden möglichst alles rund um "Future Energy Home" und Digitalisierung aus einer Hand anzubieten und somit so einfach wie möglich zugänglich zu machen. Denn wenn wir an dem Punkt ankommen, dass sich im übertragenen Sinne das E-Auto mit der PV-Anlage abstimmt, wer die Energie an die Spülmaschine schickt und unsere Kundinnen und Kunden das visualisiert in Echtzeit nachvollziehen können, lässt sich im smarten Zuhause Energie optimal nutzen.

Energieforen: Gibt es absehbare Grenzen der Akzeptanz dieser Entwicklungen im Kollegium bei E.ON oder auch bei Ihrer Kundschaft? Wie kann man diesen Ihrer Meinung nach begegnen?

Dorothee Ritz: Die Akzeptanz im Kollegium und bei unseren Kundinnen und Kunden ist schon sehr hoch, wir sehen hier ein offenes mindset. Was wir vielmehr brauchen, ist ein Abbau von Bürokratie und unzeitgemäßen Regularien, das wurde mir auch kürzlich wieder im Austausch mit ausländischen Gesellschaften und Start-ups bestätigt. Wir schränken uns dadurch selbst ein und sind so beispielsweise im Smart-Meter-Rollout in Deutschland noch nicht so weit, wie wir es sein könnten. Auch das datenbasierte Arbeiten, von dem unsere Kundinnen und Kunden profitieren würden, ist nicht in den möglichen Dimensionen umsetzbar. Die Bereitschaft, in diese Thematik Zeit, Arbeit und Geld zu stecken, ist im Kollegium vorhanden und unsere Mitarbeitenden denken schon sehr viel über neue Modelle und maßgeschneiderte Produkte für unsere Kundinnen und Kunden nach, stoßen aber Stand heute immer wieder schnell an die Grenze der Umsetzbarkeit aufgrund von Bürokratie-Hürden. Wir müssen uns das vor Augen führen und Veränderungen erwirken, damit wir gemeinsam schneller agieren und die Digitalisierung vorantreiben können. Es gibt so viele weitere Möglichkeiten, wie wir uns in der Gesellschaft weiterentwickeln können, wenn wir diese Hürden abbauen.

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Die Energieforen freuen sich, Dr. Dorothee Ritz als Referentin auf dem Messekongress GO.DIGITAL am 8./9. November 2022 begrüßen zu dürfen.
Mehr Informationen erhalten Sie unter GO.DIGITAL.