Aus dem energiepolitischen Dreieck ist ein Viereck geworden - Bürgerakzeptanz

Wir freuen uns, dass wir am Rande unseres Messekongresses GO.DIGITAL die Zeit hatten mit Dörte Schulte-Derne, WVV-Geschäftsführerin und Vorständin der Stadtwerke Würzburg, ins Gespräch zu kommen.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Strategie und Innovation
Themen:
Energiemarkt Energiepolitik Strategie Energiewende
Aus dem energiepolitischen Dreieck ist ein Viereck geworden - Bürgerakzeptanz

Frau Schulte-Derne reflektiert ihr erstes Jahr als Vorständin bei der WVV und betont die erfolgreiche Umsetzung von Preisbremsen trotz gesetzlicher Herausforderungen. Die zukünftige Ausrichtung auf eine nachhaltige Wärmewende und die aktive Einbindung aller Stakeholder stehen im Fokus. Angesichts der tiefgreifenden Veränderungen in der Energie- und Versorgungswirtschaft unterstreicht sie die Bedeutung von Akzeptanz und Partizipation. Die WVV setzt dabei auf agiles Planen, regelmäßige Kommunikation sowie Unterstützung durch die Energieforen, um ihre transformative Vision bis 2030 im neuen energiepolitischen Quadrat zu realisieren.

Energieforen: Frau Schulte-Derne, ihr erstes Jahr als Vorständin ist fast vorbei. Wenn sie zurückschauen, was waren die besten Momente und die größten Herausforderungen, die sie mit ihrem Team gemeistert haben?

Dörte Schulte-Derne: Meine Kolleginnen und Kollegen haben einen herausragenden Job bei der Umsetzung der Preisbremsen und der vielen anderen gesetzlichen Neuerungen gemacht. Ich bin stolz darauf, wie präzise gearbeitet, wie konstruktiv Kritik geübt wurde und wie kollegial wir miteinander umgegangen sind. Das war neben den besonderen Situationen im Energiemarkt eine außergewöhnliche Lage, die gleichzeitig bedeutete, dass wir interne Vorhaben zur Effizienzsteigerung durch Digitalisierung nicht sofort verfolgen konnten.

Die langfristig größte Herausforderung ist jedoch die Energiewende, welche wir federführend zusammen mit der Stadt Würzburg vorantreiben. Aktuell bereiten wir unsere Daten mit Fachleuten vor, um die Erzeugung und Verwendung von Wärme nachhaltig zu gestalten. Wir wollen schon im nächsten Sommer konkrete Umbaupläne vorlegen und die Umsetzung Hand in Hand mit allen relevanten Stakeholdern vorantreiben. Dazu gehören neben unseren Kundinnen und Kunden besonders auch unsere Kolleginnen sowie Kollegen, welche die Wärmewende mitgestalten und ausführen werden. 

Energieforen: Blicken wir in die Zukunft. Die Energie- und Versorgungswirtschaft steht durch die Energie-, Wärme- und Mobilitätswende vor einem der größten Umbrüche. Alle Geschäftsmodelle von Erzeugung, Netz bis zum Lieferanten sind in Bedrängnis. Welche wesentlichen Veränderungen ergeben sich für die Stadtwerke allgemein und insbesondere für Ihr Unternehmen, die WVV?

Dörte Schulte-Derne: Wir werden die Transformation nur gemeinsam gestalten können. Denn neben den Ingenieurinnen und Ingenieuren, welche unsere Pläne und Vorgehensweisen ausarbeiten, benötigen wir noch eine ganze Menge: Kompetente Mitarbeitende z. B. in handwerklichen und kaufmännischen Berufen, eine schlagkräftige Stadtverwaltung bzw. Behördenwelt und vieles mehr. Besonders wichtig ist es für uns, die Kundinnen und Kunden im Fokus zu behalten: Wir möchten, dass unsere MitbürgerInnen an der Wende teilhaben und uns rechtzeitig ihre Ideen, Sorgen und Kritik mitteilen können. Akzeptanz durch Dialog auf Augenhöhe in persönlichen Begegnungen, wie auch digital, sind hier ein zentraler Aspekt unserer Vorbereitungen. Außerdem sind wir gerade dabei auszuloten, wie wir die Energiewende finanzieren können. Denn im klassischen Ziel-Dreieck der meisten Stadtwerke steht bisher: Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit. Nun kommen Akzeptanz und Teilhabe hinzu. Wir haben damit ein Quadrat als neues Energie-Spielfeld.

Energieforen: Zweifellos ist die Bürgerakzeptanz, heutzutage geprägt von einer immer rigoroseren Diskussionskultur, für die Umsetzung der gleichzeitigen Wenden unabdingbar. Wie gehen Sie bei der WVV das Thema an? 

Dörte Schulte-Derne: Für uns ist es wichtig, unsere Pläne agil zu halten und bei Veränderungen von Gesetzen, Förderrichtlinien, technologischen Fortschritten – beispielsweise bei der Erzeugung – dies so zu berücksichtigen, dass unsere Transformation nicht das Ausrollen eines immer älter werdenden Plans bedeuten wird. Wir setzen darauf, den Stakeholdern immer und immer wieder den aktuellen Zwischenstand und den Weg zum nächsten Meilenstein zu erläutern. Die Energieforen haben uns dabei geholfen, in einem 2-Tages-Workshop den Ausgangspunkt und die ersten Meilensteine unseres Vorgehens bei der Kommunikation der Transformation zu erarbeiten. Danach haben wir ein Kernteam eingerichtet, das mit der Umsetzung beginnt. Der erste kleine Schritt war die Einrichtung einer Landingpage als Grundlage.

Energieforen: Ihr Zukunftsbild: Welche Rolle nehmen die Stadtwerke bzw. die WVV 2030 ein und was braucht es dazu?

Dörte Schulte-Derne: Wir benötigen weitere Mitarbeitende, die gern Energiewende mitgestalten und jeden Tag in ihrem Beruf richtig gut abliefern. Wir werden auch intern stärker auf Diversität und digitale Vorgehensweisen setzen, um noch fitter für die Zukunft zu werden und uns die Zusammenarbeit zu erleichtern. Wir haben richtig gute Stimmung im Team Wärmewende bei der Zusammenarbeit, sogar mit der Stadtverwaltung, was mich besonders positiv überrascht hat.

Die WVV wird im Jahr 2030 noch stärker für CO2-neutrale Energie, umweltbewussten ÖPNV und zahlreiche andere Dienstleistungen stehen. Denn wir sorgen bspw. auch für Bio-Kompost aus der Region und die Ausweitung von Trinkwasserschutzgebieten. Moderne Infrastruktur nachhaltig erfolgreich, sicher und in akzeptierter Weise zur Verfügung stellen, das ist unser Ziel.

Energieforen: Eine letzte Frage in eigener Sache: Welchen Rolle nehmen die Energieforen für Sie als WVV ein?

Dörte Schulte-Derne: Die Energieforen bieten für mich seit mehr als zehn Jahren Veranstaltungen, die für mich wie ein Sparring mit anderen Expertinnen und Experten wirken. Ich kehre regelmäßig nach Leipzig zurück, weil ich bei den Energieforen spannende Dialoge und sehr fundierten Input erwarten darf. Das hilft nicht nur, sondern macht gute Laune und fördert den Erfolg. Das möchte ich meinen KollegInnen in Würzburg ebenfalls ermöglichen.

Vielen Dank für das Gespräch!