Psychologie to go: Bestätigungsfehler & widerlegende Beweise

Unsere Entscheidungen, von der Auswahl eines Smartphones bis zur ärztlichen Diagnose, werden oft von kognitiven Verzerrungen beeinflusst. Erfahren Sie, wie das aktive Suchen nach widerlegenden Beweisen Ihnen helfen kann, fundierte und überlegte Entscheidungen zu treffen.

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Unternehmensorganisation
Themen:
Arbeitswelten New Work Personal (Human Resources)
Psychologie to go: Bestätigungsfehler & widerlegende Beweise

Wie im ersten Newsletterbeitrag unserer neuen Themen-Reihe angekündigt, möchten wir Ihnen heute die Mutter aller Kognitionsfehler vorstellen – den Confirmation Bias (dt. Bestätigungsfehler). Doch was verbirgt sich dahinter?

Zunächst ein kleines Gedankenexperiment: Wir wollen uns ein neues Smartphone kaufen und haben zudem bereits das perfekte Modell gefunden. Es hat die neueste Kamera verbaut, sogar mit Makrofokus. Das Display – 120 Hz, schmale Bildschirmränder und eine Auflösung – zum Niederknien. Klar, es ist etwas teuer, aber Qualität hat eben ihren Preis. Wir haben zwar ein gutes Handy, aber der Akku ist schon nicht mehr der Beste. Und die Urlaubsbilder wären mit der neuen Kamera bestimmt noch viel besser geworden. Wenn wir es uns ehrlich eingestehen, würde ein Akkuwechsel wahrscheinlich völlig ausreichen. Viel zu oft landet dennoch das neue Telefon im Einkaufswagen. Eine kognitive Meisterleistung unseres Gehirns mit freundlicher Unterstützung des Confirmation Bias.

Wie anhand dieses Beispiels gut zu erkennen ist, sind wir dazu geneigt Argumente und Informationen so zu suchen und zu interpretieren, dass Sie unserer vorgefassten Meinung entsprechen.

Wenn man so darüber nachdenkt, ist das beim Kauf eines neuen Handys wahrscheinlich nicht so dramatisch. Aber wie sieht es mit Recruiting-Entscheidungen aus oder gar bei Diagnosen von ärztlichem Fachpersonal? Wenn Ärztinnen und Ärzte also die Symptome nur so interpretieren, dass sie zur eigenen Diagnose passen. Daran merken wir schnell, dass der Confirmation Bias doch gar nicht so harmlos ist, wie eventuell noch bei dem Beispiel mit dem neuen Handy zunächst gedacht.

Doch auch in der Energiewirtschaft findet man den Confirmation Bias an den verschiedensten Stellen. Ein Beispiel dafür ist die Diskussion um die Kernenergie. Viele Menschen haben bereits eine Meinung zu dieser Energieform, bevor sie sich überhaupt mit den Fakten und Argumenten auseinandersetzen. Diejenigen, die Kernenergie befürworten, werden eher nach Informationen suchen, die ihre Position stützen, wie beispielsweise die Vorteile von Kernenergie in Bezug auf Energieversorgung und CO2-Emissionen. Gleichzeitig werden Menschen mit einer ablehnenden Haltung eher nach Beweisen suchen, die ihre Sichtweise unterstützen, wie beispielsweise die Risiken und Gefahren von Kernkraftwerken. Beide Gruppen werden sich tendenziell auf Argumente konzentrieren, die ihre bereits bestehenden Überzeugungen und Meinungen untermauern. Gleichzeitig ignorieren sie Informationen, die ihrer Ansicht widersprechen.

Dadurch wird es umso schwerer einen gemeinsamen Konsens zu finden. Also, wie sollten wir nun vorgehen, um dem Confirmation Bias zu begegnen? Die Lösung des Rätsels nennt sich Disconfirmation Evidence (dt. widerlegende Beweise). Eine der bekanntesten Persönlichkeiten, die ein gezieltes Vorgehen gegen den Confirmation Bias entwickelt hat, war Charles Darwin. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur darauf zu achten, dass es möglicherweise auch andere Argumente zu seiner Theorie gibt. Nein, er hat regelrecht danach gesucht, indem er jede Beobachtung, die seiner Theorie zunächst zu widersprechen schien, konsequent aufschrieb und im Anschluss genauer untersuchte.

Eben diese aktive Suche nach widerlegenden Beweisen kann uns helfen den Confirmation Bias zu umgehen und belastbarere Entscheidungen zu treffen.

Also, immer dann, wenn Sie eine Entscheidung treffen oder sich eine Meinung zu etwas bilden wollen, suchen Sie nach den Disconfirming Evidence. Auch, wenn es nicht intuitiv und unter Umständen auch unangenehm erscheint, werden Sie dadurch bessere Entscheidungen treffen.

Wenn Sie noch mehr dazu erfahren möchten, wie Sie Entscheidungen effizient und effektiv allein oder mit Teams gemeinsam treffen, nehmen Sie Kontakt mit uns auf. In der nächsten Ausgabe unserer Newsletter-Reihe verraten wir Ihnen, warum wir unsere Gewohnheiten so sehr lieben und wie wir (falls nötig) doch etwas gegen sie tun können.

Quelle zum Weiterlesen:
Dobelli, R. (2014). Die Kunst des klaren Denkens. Piper Verlag GmbH.