Psychologie to go: Vom Müssen zum Wollen – Selbstwirksamkeit als ein Ansatz der Motivation

Von überfordernden Herausforderungen zu bewältigbaren Aufgaben mit Hilfe von Selbstwirksamkeit. Was ist das überhaupt und welche Rahmenbedingungen sollten dafür geschaffen werden?

Typ:
Blogartikel
Rubrik:
Unternehmensorganisation
Themen:
Strategie Arbeitswelten New Work
Psychologie to go: Vom Müssen zum Wollen – Selbstwirksamkeit als ein Ansatz der Motivation

Im letzten Teil zum Thema Motivation haben wir uns mit den biopsychologischen Grundlagen von Motivation auseinandergesetzt. Daher wissen wir auch, dass es nur wenig Sinn ergibt sich Ziele zu setzen, weil man muss und nicht, weil man will. Insbesondere das Thema Fachkräftemangel zeigt dies sehr eindrücklich. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, hat man viele verschiedene Stellschrauben, die zudem auch noch komplex miteinander zusammenhängen. Kaum eine Führungskraft setzt sich freudestrahlend hin und möchte dafür Lösungen konzipieren. Man geht seiner gewohnten Arbeit nach und nimmt den Fachkräftemangel überwiegend als störenden Faktor wahr, der beseitigt und deshalb irgendwie bearbeitet werden muss.  Bei dieser „Zielsetzung“ kann man wohl kaum von wollen sprechen. Entsprechend halten sich die Erfolgserlebnisse auch häufig in Grenzen.

Wie können wir also unsere Herausforderungen so gestalten, dass wir diese – auch wenn wir uns ihnen eher widmen müssen als wollen – motiviert angehen? Ein zentraler Begriff in der Psychologie ist dabei das sogenannte Selbstwirksamkeitserleben. Vereinfacht gesagt, beschreibt es die Wahrnehmung, dass unser Handeln eine Wirkung erzeugt. Diese Selbstwirksamkeit ist mehr oder weniger zentraler Bestandteil jeder motivationalen Betrachtung von Verhalten. Durch ein – zugegeben ethisch/moralisch verwerfliches – Experiment wird deutlich, was passiert, wenn dieses Selbstwirksamkeitserleben nicht vorhanden ist. Bei diesem Experiment wurden u.a. die Käfige von Hunden mit elektrischen Schocks durchzogen. Eine Gruppe von Hunden konnte diese Schocks vermeiden, indem Sie ein bestimmtes Verhalten zeigte. Bei einer anderen Gruppe war dies nicht möglich. Nach kurzer Zeit setze bei der zweiten beschriebenen Gruppe der Effekt der sogenannten erlernten Hilflosigkeit ein. Sie haben die elektrischen Schocks einfach lethargisch ertragen, da sie gelernt haben, dass es keinen Unterschied macht, ob sie ein bestimmtes Verhalten zeigen oder nicht. Sie hatten also keinen Einfluss auf das Ergebnis, konnten also keinerlei Selbstwirksamkeit erleben.

Dies ist natürlich ein extremes Beispiel. Das Wissen aus diesem Experiment kann uns aber helfen, Aufgaben und Herausforderungen besser zu gestalten. Wie können wir nun unsere Erkenntnisse zum Thema Selbstwirksamkeit mit Aufgaben, welche wir machen müssen, aber nicht wirklich wollen, verbinden?

Tipp 1: Den Kuchen in kleine Stücke schneiden.

Nehmen wir wieder unser Beispiel „Bewältigung des Fachkräftemangels“ kommt uns wahrscheinlich schnell eine Frage in den Sinn: „Wie soll das denn bitte gehen?“ Wenn wir uns als Menschen mit einer Aufgabe/Herausforderung konfrontiert sehen, die wir nicht vollständig fassen können, sinkt unsere Selbstwirksamkeitserwartung drastisch. Wir haben nicht das Gefühl, dass wir diese Aufgabe wirklich bewältigen können und schieben sie lieber weg. Hier spielt auch das Thema Prokrastination eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund sollten Sie Herausforderungen und Aufgaben, die zu groß und komplex wirken immer auf kleine handhabbare Größen herunterschneiden. Dabei steigt die Selbstwirksamkeitserwartung, die kleinen Aufgaben bewältigen zu können, stark an und die Motivation steigt.

Tipp 2: Beachten Sie die Passung der Aufgabe zu den Kompetenzen der Person.

Stellen Sie sich vor, Ihre tägliche Aufgabe bestünde darin, Tag für Tag dieselben Tätigkeiten nach einem unveränderlichen Schema zu verrichten– wie eine Maschine. Hätten Sie das Gefühl, dass Sie dabei wirksam waren? Stellen Sie sich nun vor, sie entfalten Wirkung, indem Sie am Tag eine große Menge kleingeschnittener Aufgaben erledigen. Zwangsläufig hallt die Überlegung nach, ob Sie selbst und Ihre Kompetenzen dafür notwendig waren. Hätte das nicht ggf. auch jede/r andere oder gar eine Maschine erledigen können? Diese Fragen sollen zeigen, dass bei der Motivation nicht nur die Erwartung, ob man eine Aufgabe bewältigen kann, eine Rolle spielt, sondern auch, ob die Aufgabe den eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten entspricht.

Tipp 3: Erhöhen Sie die Flexibilität und Autonomie so gut es geht.

Das Beispiel der Arbeitsgestaltung aus Tipp 2 bietet noch einen wichtigen Ansatz, um die Motivation zu steigern. Für die Selbstwirksamkeit ist nicht nur relevant WAS man macht, sondern auch WIE man etwas erledigt. Habe ich den Freiraum zu entscheiden, wann ich meine Aufgaben erledige, sodass es besser in meinen Arbeitsalltag passt? Habe ich die Möglichkeit selbst zu entscheiden, wie die Form des Ergebnisses aussieht? Desto mehr Freiräume man bei der Ausgestaltung seiner Tätigkeit hat, desto eher hat man das Gefühl das Ergebnis beeinflussen zu können. Ergo: Es steigt die Erwartung, selbst wirksam sein zu können.

Tipp 4: Geben Sie Rückmeldungen zur Wirksamkeit.

Selbstwirksamkeit beruht auf der Erkenntnis, dass unser Handeln Wirkung zeigt. Dies ist jedoch nicht immer unmittelbar erkennbar, vor allem bei Aufgaben ohne direkten Kundenkontakt, wo Ergebnisse oft unsichtbar bleiben. Fehlendes Feedback kann dazu führen, dass Mitarbeitende den Einfluss ihrer Arbeit infrage stellen. Um das zu vermeiden, stellen Sie sicher, dass regelmäßig Rückmeldungen gegeben werden, um den Einfluss ihrer Tätigkeiten zu verdeutlichen. Bei künftigen Herausforderungen, die weniger attraktiv erscheinen, empfiehlt es sich, diese in überschaubare Einheiten zu zerlegen, passende Ressourcen zuzuordnen, genügend Gestaltungsfreiheit zu gewähren und regelmäßiges Feedback zu praktizieren. So fördern Sie die Selbstwirksamkeit und steigern das Motivationspotenzial.

Wenn Sie sich also in Zukunft auch Herausforderungen wie dem Fachkräftemangel widmen wollen (oder vielmehr müssen), denken Sie daran dieses komplexe Thema zunächst in handhabbare Stücke zu schneiden (ein Führungsleitbild, welches auch die GenZ berücksichtigt oder die Identifikation neuer Recruiting-Kanäle). Suchen Sie nach Expertinnen und Experten für diese Themen, welche zur Aufgabe passen (wahrscheinlich können neue, junge Talente sehr gute Impulse liefern), geben Sie diesen Menschen den Freiraum, den es braucht und würdigen Sie deren Ergebnisse mit einem konstruktiven Feedback. So erhöhen Sie den Grad der Selbstwirksamkeit im Kollegium und damit auch das Motivationspotenzial dieser Aufgaben – auch wenn es nicht die beliebtesten Herausforderungen sind.